Als ich einen Campingbus suchte und Freiheit fand

ein Gastbeitrag von  – Mario #VANWEH  

 

Am Anfang war das Zelt

 

Meine Campingkarriere startete in den 90er Jahren. Im Igluzelt. Drei Stück hatte ich von denen, weil mir immer die Zeltstangen brachen. Danach folgte ein 8-Personen-Zelt mit zwei getrennten Schlafkabinen. Und einem Notraum für schlechtes Wetter. Immerhin: bei Regen wurde man nicht direkt nass. Aber es heizte sich im Sommer noch immer extrem auf.

Über die Jahre folgten weitere Zelte. Zum Schluss auch wieder eine Nummer kleiner. Aber eines hatten alle Zelte definitiv gemeinsam: das lästige Auf- und Abbauen! Das Beten, dass das Wetter wohl halten mag. Schlimmer war für mich aber die Unflexibilität. Oder naja, Bequemlichkeit. Kennst du das? Du hast dein Zelt aufgebaut. Nach und nach richtest du dich dann ein. Spätestens am zweiten Morgen könnte man meinen eine Bombe habe eingeschlagen. Du scheust dich schon vorm Aufräumen und Packen bei der Abreise. Und das willst du dann gleich mehrfach in deinem Urlaub machen?! Niemals!

 

Für mich musste eine andere Lösung her. Am besten sollte man alles dabei haben, nichts vermissen und immer wieder weiterziehen können. Was ich auch vermisste, war eine ordentliche Kühlmöglichkeit. Egal was ich auch probierte, spätestens am dritten Tag war die Butter zerlaufen und der Käse zum klebrigen Schmelzkäse mutiert!

Total angefixt und besessen von der Idee, checkte ich dann letztes Frühjahr den Markt. Einen gebrauchten Campingbus wollte ich. Egal welche Marke. Er musste einfach praktisch sein. Und zu mir passen.

 

Die Details und all die Enttäuschungen meiner Suche will ich dir ersparen. Vielleicht aber doch so viel: ich musste feststellen, dass die Guten immer direkt vergriffen waren. Alles, was nicht direkt vergriffen war, war nicht gut (genug). Überteuert waren sie ausnahmslos aber alle. Sogar so teuer, dass ich in Erwägung zog ein Trägerfahrzeug zu kaufen und diesen dann selbst auszubauen. Oder  ausbauen zu lassen. Aber auch die Idee verwarf ich. Warum sollte man einen teuren, neuen Ausbau in ein ausgelutschtes Fahrzeug stecken?

 

Ich musste sehr bald einsehen: entweder ich nahm direkt Geld in die Hand und kaufte. Oder ich würde das Projekt auf Eis legen (müssen). Ich entschied mich für letzteres. Denn egal wie ich das Blatt drehte und wendete. Jede Variante war für sich betrachtet teuer. Oder barg gleich mehrere Kompromisse. Und bei den aufgerufenen Preisen war ich zu sehr wenigen Kompromissen bereit!

 

Zwischenzeitlich fuhr ich in anderer Eigenschaft immer mal wieder einen alten VW T3. Ganz normalen Transporter. Nichts außergewöhnliches. Trotz der (deutlich spürbar!) fehlenden PS – es war ein unglaubliches Fahrgefühl. Das große Lenkrad begeisterte mich genauso wie die Rührapparatur, äh Schaltknüppel, meine ich.

 

Passt es oder passt es nicht?

Nachdem ich mich entschieden hatte das ganze Thema bis auf Weiteres auf Eis zu legen vergingen etwa fünf Wochen. Und dann, völlig unerwartet, gab es ein Signal. Über den erweiterten Bekanntenkreis (jemand kennt jemanden, der wiederum jemanden kennt) bekam ich Wind von einem alten T3. Was ich wusste: T3, Baujahr 1987, Camper. Nicht gerade viel, also. Nicht genug, um sich ernsthaft mit dem Kaufgedanken auseinander zu setzen.

Aber es gibt diese Momente im Leben. Da muss man was wagen. Sich selbst einen Arschtritt geben. Seine Komfortzone verlassen. Also nahm ich mein Herz in die Hand und … rief an! Die verbleibenden Tage vor dem Besichtigungstermin nutzte ich für Recherchen zu T3s aller Art. Worauf zu achten wäre, welcher Motor für mich passen würde, und und und.

Ich wusste, dass das Fahrzeug fix und fertig so da stehen würde. Dass ich nur entscheiden könnte, passt so, wie es da steht – oder eben nicht. Individuelle Anpassungen würden nicht mehr möglich sein. Ich kannte den Bus von genau einem Bild. Ich bog in die Straße ein, wo wir uns verabredet hatten, registrierte einen Bulli. T3. Und war mir ganz sicher: „das da kann er nicht sein. So schäbig, wie dieser da steht, war er auf dem Bild nicht“. Doch, denkste! Tatsächlich war das ein und dasselbe Fahrzeug. Was ich nicht wusste: das Bild war schon drei Jahre alt. Dazwischen hatte der Bulli mal einen neuen „Anstrich“ gesehen. Nun denn.

Eigentlich war ich kurz davor direkt zur Kehrtwende einzuleiten. Mist, der Besitzer hatte mich schon gesehen und registriert. Naja, komm dann. Guckste dir den halt an. Man kann dabei ja nur lernen. To make a long story short: er hatte alles. Wenn auch etwas älter. Aber es war eben alles da. Der Motor passte, Kühlschrank war eingebaut. Gaskocher. Aufstelldach. Geil? Okay, Optikcheck bestanden. Nicht mit Bravur. Dafür hatte er zu viele Macken. Aber bestanden. Ob wir eine Probefahrt machen wollten? Äh, ja klar!

Also dann. Rein in den Bulli. Für mich blieb der Beifahrersitz übrig. Mitfahren also. Okay. Wir fuhren die ersten Meter. Links abgebogen, rechts abgebogen. Soweit alles im grünen Bereich. Wir hielten an. Der Fahrer, und Noch-Besitzer, schnallte sich ab. Jetzt wäre ich dran, gab er mir zu verstehen. Ich kannte das Fahrgefühl eines T3 ja bereits. Trotzdem: mein Herz hämmerte und polterte. Total aufgeregt. Und dann fuhr ich. Geradeaus, links, rechts. Landstraße, Stadtverkehr, Autobahn. Und wieder zurück. Zum Abschied gab es einen kurzen Shake-Hands mit dem Hinweis, dass ich noch etwas Bedenkzeit brauchte.

 

So, und der Rest ist Geschichte. Wir telefonierten noch ein paar Mal. Und dann machte ich alles dingfest. Es war das Auto wonach ich suchte. Der Camper, der mir alle Freiheiten, nach denen ich strebte, bot. Worauf also sollte ich warten?! Eines war sicher: so günstig wäre die Gelegenheit so schnell nie wieder.

 

Worüber ich mir aber immer im Klaren war: der Kaufpreis würde sich über die Zeit sicher relativieren. Ganz bestimmt wäre die ein oder andere Reparatur an der Fahrzeugtechnik fällig. Und ganz sicher würde das den ein oder anderen gar nicht mal so müden Euro kosten! Leider trat dieser Fall sogar deutlich schneller als erwartet ein. Aber: that’s life!

 

Ich bin nun stolzer Besitzer eines VW T3, Baujahr 1987 – und somit älter als ich. Soweit die kapitalistische Seite der Medaille. Was ich aber nun tatsächlich in Händen halte ist nichts Geringeres als die völlige Freiheit. Und Unabhängigkeit. Ich kann mit ihm dort hin fahren, wonach es mir ist. Ich kann dort stehen wo gerade Platz für uns ist. Und wenn mir ein Platz mal nicht gefällt fahre ich weiter. Vor einem Jahr wäre ich an solchen Stellen mit dem Zelt noch stehen geblieben. Aus Bequemlichkeit. Um nicht wieder alles ab- und dann neu aufbauen zu müssen.

Ich kann wirklich jedem, der gerne campt nur dazu raten, sich einen Campingbus zuzulegen. Im Endeffekt ist die Marke sicherlich egal. Das Fahrzeug muss einfach zu den persönlichen Bedürfnissen passen. Wenn der Preis bei der Auswahl ein wichtiges Kriterium ist, wovon ich mal ausgehe, dann denke auf jeden Fall auch an Reparaturen. So oder so, egal wie alt das Mobil ist. Die allermeisten Gebrauchten haben schon mehr Kilometer gesehen als zwei gewöhnliche Autos für den Stadtverkehr zusammen! Daher halte dir immer einen Puffer für Werkstattbesuche bereit. Und aus eigener Erfahrung: rechne damit, dass die Reparatur eher früher als später notwendig wird!

Ansonsten bleibt mir nur dir unglaublich viel Spaß mit deinem Gefährt zu wünschen! Mach dich frei davon einen Neuwagen in glänzendem Lackkleid fahren zu wollen.

Glaube mir: ich habe nun schon mehr als einmal auf Campingplätzen direkt neben den 60.000 Euro schweren großen Brüdern von meinem Grünen Heinrich gestanden. Fahrzeuge mit allem Schnickschnack, keine fünf Jahre alt. Komischerweise kamen aber die Neugierigen und die netten Camper immer zu mir. Sie wollten gucken, reinschnuppern und teilweise einfach nur Geschichten erzählen. Geschichten aus längst vergangenen Tagen. Das ist es doch was die Freiheit und jeden Urlaub so wundervoll einrahmt: der Austausch mit den Menschen. Sich ungezwungen unterhalten zu können. Und danach wieder, jeder für sich, seiner Wege zu gehen. That’s vanlife!

 


Über #VANweh

Ich bin Mario, Mittzwanziger, habe vor einiger Zeit das Fotografieren für mich entdeckt und noch dazu reise ich gerne. Um auf Reisen so mobil wie möglich zu sein, aber trotzdem ein festes Dach über dem Kopf zu haben, habe ich mir 2015 einen 1987er T3 Bulli gekauft. Auf meinem Blog erzähle ich dir von meinen Reisen im Bulli, zeige dir schöne Flecken der Erde und gebe dir Tipps und Tricks rund ums Campen und Fotografieren.

 

One comment

  • Hallo ihr beiden,
    vielen Dank nochmals, dass ich mich und den Bulli hier im Rahmen dieses Gastbeitrages vorstellen durfte! Wie schon das alte Sprichwort zu berichten weiß, dreht sich die Erde immer weiter. Und so kam es, dass der Grüne Heinrich, so nämlich heißt der Bus, nicht mehr bei mir wohnt. Ganz bald werden wir auf einen etwas größeren Reisebegleiter umsteigen. Doch das ist eine andere Geschichte! Nachzulesen auf #VANweh.

    Viele Grüße!
    Mario

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert